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An einem strahlend schönen Sommertag begaben wir uns an einen der dunkelsten Schauplätze der deutschen Geschichte: das Konzentrationslager Dachau. Zusammen mit dem hier tätigen Seelsorger Ludwig Schmidinger schritten wir den Weg des Grauens ab, den die meisten Häftlinge durchlaufen mussten. Hatten sie das Tor mit der zynischen Inschrift „Arbeit macht frei“ passiert, wurde ihnen ihr neuer Status mit schonungslos klaren Worten eingehämmert: „ehrlos, wehrlos, rechtlos.“ Der weite Appellplatz und die mit Schottersteinen aufgefüllten Grundrisse der engen Baracken berichten von der Verhärtung und dem Verstummen von Humanität, dem über 200.000 Menschen zum Opfer fielen, darunter mehr als 2.700 Geistliche aller Konfessionen.
Doch blieb dieser Fluch keineswegs auf das Lager beschränkt – hinter vorgehaltener Hand machte er auch in der Umgebung die Runde, und lähmt uns über die Generationen hinweg vererbt (vgl. Ex 34,7) wohl bis heute: „Lieber Gott, mach mich stumm, dass ich nicht nach Dachau kumm!“
Und dennoch: Wenn wir Gott nicht mehr preisen können, „so werden die Steine schreien!“ (Lk 19,40). Sie bezeugen, dass es manchen Häftlingen selbst unter diesen lebensfeindlichen Bedingungen gelang, ihre Menschlichkeit zu erhalten und sich untereinander solidarisch zu verhalten. Sie verkünden in der Todesangst-Christi-Kapelle, dass Gott dem Menschen in seinen schlimmsten Ängsten beisteht; in der jüdischen Gedenkstätte, dass sein Licht bis in die tiefste Finsternis dringt und das Leben erhält; in der orthodoxen Kapelle seine siegreiche Auferstehung von den Toten; in der evangelischen Versöhnungskirche die Überwindung des Hasses; im Karmel Heilig Blut, dass wir nicht zu Schweigen und Sünde verdammt sind, sondern dass aus dem Opfer ein erlösender Auftrag folgt. So schlossen wir unseren Besuch hier mit der Vesper ab.